RESONANZ – Lore Galitz Die Holzskulpturen von Lore Galitz sind von berührender Schönheit und dabei von überraschender Einfachheit. Begonnen hat alles während der frühen neunziger Jahre an der Elbe in Hamburg. Seither arbeitet sie mit Fundhölzern. Schon das Finden der Hölzer geschieht in intensiver Verbindung mit der Natur, ein Mitschwingen beginnt bereits da. Sie nimmt die Hölzer bei sich auf, verbindet sich mit ihnen in dem andauernden Werkprozess der behutsamen, kontemplativen Bearbeitung und intensiven Resonanz. Wenn die Zeit gekommen ist, fügt sie minimal Gold hinzu. Das reine, wertvolle und dauerhafte Gold steht im Kontrast zu dem scheinbar wertlosen Naturobjekt in all seiner Vergänglichkeit. Entsprechend ihrem ursprünglichen Studium der Kunst- und der Religionspädagogik gibt es in der Arbeit von Lore Galitz immer die Verbindung aus künstlerischem und spirituellem Ansatz. In ihrer Arbeit versteht sie sich als Brückenbauerin: zwischen Kunst und Spiritualität wie auch zwischen Kunst und Natur. Es geht um innere Räume. Sie strahlen eine große, kontemplative Ruhe aus und wecken Sehnsüchte und Weisheiten, die tief drinnen jeder von uns in sich trägt. So können wir zum Teilnehmer werden, zum Teil des Ganzen, wenn wir uns im Kirchenraum und Gemeindehaus die Fundholzskulpturen mit weiteren Naturmaterialien wie Sand und ungesponnene Wolle betrachten. Lore Galitz hat nach Abschluss des Studiums in Hannover an der Hamburger Kunsthochschule unterrichtet. Sie lebt derzeit in München und arbeitet schwerpunktmäßig in den Bereichen Skulpturen, Installationen, Performance und Landart.
In der Kirche befindet sich im rechten Querhaus eine Installation aus sechs Treibhölzern, ungesponnener Schafswolle und Sand. Bei genauer Betrachtung entdecken wir an Hölzern Spuren von Gold, die auf zarte Weise die Sprache der Materialien zum Klingen bringen: Das tote Holz wird durch den Zugriff der Künstlerin zum Sinnbild der Vergänglichkeit, vergleichbar den Stillleben in der Barockmalerei. So fragil wie die vom natürlichen Verfallsprozess gestalteten Fundstücke sind die Bodenflächen aus Sand und Wolle, jeweils aus einer durchgehenden Linie als geschwungene Struktur angelegt. Sie laden ein zum behutsamen und stillen Erleben und zu eigenen Gedanken zur Passionszeit. Wer mag, kann dafür Platz nehmen auf dem kleinen Stamm zwischen den beiden Flächen.
Der Dialog von Natur und Kunst wird im Gemeindehaus fortgesetzt. Die Fundstücke auf den Sockeln, wiederum mit wenigen Goldakzenten versehen, lenken den Blick auf den alten Baumbestand im Kirchenwäldchen. Und wenn wir uns umdrehen, schauen wird auf vier weiße Kartons, die wir unbedingt aus der Nähe betrachten müssen. Dann entdecken wir in der weißen Oberfläche Spuren verwitterter Holzflächen. Es sind feine Reliefs, entstanden auf geheimnisvolle Weise durch die Hand und hölzerne Werkzeuge der Künstlerin. Wenn wir uns auf diese Weise der Betrachtung eingelassen haben, verspüren wir vielleicht auch in uns die Resonanz, die Lore Galitz verspürt haben mag, wenn unterwegs ihre Fundstücke entdeckte und mit sich nahm: An der Isar, in einem Gebirgsbach am Fuße der Geierwally Alm, am Lido di Venezia, am Strand von Long Island (New York) und immer wieder auch am Ufer der Elbe.
Verzeichnis der ausgestellten Werke In der Kirche, Querhaus, rechts: Resonanz, Installation aus Treibhölzern (gebürstet und mit Gold versehen), ungesponnene Wolle und Sand 210x560 cm
Im Gemeindehaus linke Wand: Resonanz 1 – 4. Weiße Kartons mit Reliefs von Holzmaserungen, von Hand geprägt, geschaffen für die Bankeneser Ausstellung rechte Wand: vier Holzskulpturen, Fundholz mit Gold (v. l. n. r.) - Gewunden die Lebenswege sind 2019 - Kathedrale, 2017 - Dryade 1, 2020 - Schaumgeboren 2020
Text: Thomas Sello, Kunsthistoriker
Ausstellung: 26.02. bis 05.04.2020, verlängert bis 26.06.2020 26. Februar, 20 Uhr nach dem Aschermittwochgottesdienst: Vernissage mit Klavier (Brigitte Bollmann)